Ersatzspielstätten

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Stadttheater Ingolstadt, 2013

Anmerkungen zu einem zielgerichteten Vorgehen für die notwendigen, politischen Entscheidungen

Vorgeschichte

- Für die politische Bewertung des Vorganges nicht unwichtig!

Wie entstand die Diskussion um die „Ersatzspielstätten? Aufgrund der notwendigen Modernisierung des Stadttheaters (Hämerbau), über deren Umfang zwischen Stadtspitze und den Oppositionsparteien im Stadtrat keinesfalls eine einheitliche Meinung besteht, entwickelt sich eine unklare Diskussion um die Notwendigkeit und die Funktion der erforderlichen Zwischenlösung und eine daraus folgende unsaubere Definition: Ersatzspielstätten oder doch Neubau für die Kammerspiele (kleines Haus als Ersatz für das Provisorium neben dem Turm Baur / Schaffen der fehlenden Räume im derzeitigen Stadttheater und auch als Zusammenfassung mit den anderen Spielstätten).

Der Anlass für die Diskussion war die notwendige Modernisierung des Hämerbaus. Es sei daran erinnert, dass 2012 bereits diskutiert wurde, dass der Festsaal in dieser Zeit den Saal des neuen Kongreßzentrums nutzen solle. Schon damals wurde dieser Vorschlag kontrovers diskutiert, weil damit der Saal des neuen Kongreßzentrums in dieser Zeit für die eigentliche Zweckbestimmung, nämlich als Kongresssaal, nicht zur Verfügung stehen würde. Eine zeitliche Verzögerung der Nutzung des Kongresszentrums wäre die Folge. Ein noch höheres Defizit in der Phase der Sanierung des Hämerbaus (2 Jahre?) wäre die Konsequenz. Und geht man von dem derzeitigen Terminplan bis zur Fertigstellung des Kongresszentrums Ende 2020 aus, so würde die Sanierung des Hämerbaus frühestens 2020 beginnen können und 2023 abgeschlossen sein. Hält man an dieser Vorgehensweise fest, so besteht eine dringende Entscheidungsnotwendigkeit, ob nur eine Übergangslösung oder ein neuer Standort für einen Neubau angestrebt werden soll, derzeit nicht.

Wurde die Chance genutzt, aus der notwendigen Ersatzspielstätte ein zweites, „Kleinen Haus“, das in der Übergangsphase der Sanierung des Großen Hauses als Ersatzspielstätte dient, zu fordern? Damit würden auch die fehlenden Räumen im derzeitigen Stadttheater geschaffen. Wirklich eine Chance? Die Frage, die es zu lösen galt: wo kann ein geeigneter Standort gefunden werden?

So kam es zum Standort Klenzepark?

Interessant wäre, wenn folgende Fragen öffentlich und nachvollziehbar beantwortet würden:

Wer hat das Raumprogramm erstellt?

Wie wurden die Planungsaufträge für die Entwurfsplanung vergeben?

Es sei daran erinnert, dass der Gestaltungsbeirat nach der Veröffentlichung der Entwürfe diese als überzogen bezeichnet hat.

Aufgrund „übergeordneter“ politischer Entscheidungen steht dieser Standort nicht mehr zur Verfügung.

So stellt sich die Frage erneut: war der Klenzepark überhaupt ein geeigneter Standort für ein Theater? Welche Gründe haben gegen den Standort Klenzepark gesprochen und wurden diese überhaupt diskutiert. Ingolstädter Entscheidungspraxis?! Mangelnde Transparenz?

Jetzt ist aufgrund der nicht mehr möglichen Grundstücksrochade die Suche nach einem neuen Grundstück notwendig? Warum springt man als erste und scheinbar einzige Lösung auf das Gelände hinter dem Hämerbau und vor dem Neuen Schloss?

Wie könnte eine städtebaulich begründete und politisch sinnvolle Herangehensweise aussehen?

Frage nach der Notwendigkeit und dem Zweck: Ersatzbau oder Neubau?

  • Ersatzspielstätte als temporäres Gebäude (also nur als Ersatzspielstätte) in der Zeit der Sanierung des Hämerbaus. Wenn das Gebäude nur für eine Übergangsphase genutzt werden soll, ist die Antwort nach Standort und Bauart einfacher. Es reicht ein Zelt: Das hat Venedig 6 Jahre vorgelebt.
  • Neubau mit einer neuen Nutzung (in der Zeit der Sanierung des Hämerbaus als Ersatz für das Große Haus) und nach der Sanierung mit einer langfristigen Nutzung (Kammerspiele, Kleines Haus, Werkstattbühne). In diesem Fall wird die Beantwortung nach Standort, Bauvolumen und Gestaltung des Gebäudes schwieriger.

Suche nach geeigneten Standorten, die folgenden Kriterien gehorchen sollten:

  • Innenstadtnähe
  • Gute Anbindung an öffentlichen Nahverkehr und Parkmöglichkeiten für den PKW – Nutzer
  • fußläufig erreichbar
  • Wege und Vorplatz belichtet und Sicherheit vermittelnd
  • Gastronomisches Umfeld nach Veranstaltungsende
  • Nicht auszuschließen wäre ein Standort außerhalb der Innenstadt, auch im Rahmen zur Schaffung oder Stärkung von Stadtteilzentren (wenn man sich schon auf dem Wege zu einer 170.000 Einwohnerstadt wähnt)

Davon gibt es eine Reihe von geeigneten Orten:

  • entlang der Donau, beginnend am Cavallier Dallwigk bis zum derzeitigen Museum für Konkrete Kunst (Kulturufer an der Donau)
  • das Gelände des derzeitigen Viktualienmarktes
  • das Gießereigelände anstelle des Kongreßzentrums mit angeschlossenem Hotel
  • der derzeitige Busbahnhof (der für die heutigen Anforderungen an den ÖPNV an einer nicht mehr günstigen Stelle liegt
  • das Gelände zwischen dem Körnermagazins und der Stadtmauer, auch unter Einbeziehung der beiden denkmalgeschützten Gebäude Körnermagazin und Geschützremise (dafür gibt es sogar eine Studentenarbeit)
  • das Gebiet um den abgebrochenen Cavallier Spreti (jedoch nicht im Sinn einer Stadtreparatur) (auch dazu gibt es Anregungen aus dem Wettbewerb EUROPAN, der allerdings sang- und klanglos verschwunden ist)
  • auf der Ostseite des Hauptbahnhofes im Bereich des Reichs-ausbesserungswerkes als neues Stadtteilzentrum

Bei allen Baumaßnahmen der letzten Jahre erfolgte, nachdem man grundsätzlich den Beschluss zur Ansiedelung gefasst hatte, eine hektische Suche nach möglichen Standorten und eine meistens vorschnelle Entscheidung. Beispiele – und Fehlentscheidungen - gibt es genügend: Carissma auf dem Gießereigelände, das digitale Gründerzentrum im und vor allem am Cavalier Dallwigk, das Kongresszentrum und vor allem das angeschlossene Hotel auf dem Gießereigelände, das jede zentrale Entwicklung des Hochschulstandortes verhindern wird, das Ingobräugelände als Erweiterung für die Schulen in der Innenstadt. Die Fortsetzung dieser Liste um weitere Beispiele soll einer anderen Stellungnahme vorbehalten bleiben.

Forderungen an den Standort an der Donau

„Hinters Theater statt in den Klenzepark“: DK 08.09.2016)

Herangehensweise des Stadtplaners und Architekten:

  • Raumprogramm und vor allem Baumasse für die vorgesehene Nutzung
  • Studien zur städtebaulich verträglichen Baumasse entlang des gesamten Donauufers von der Eisenbahnbrücke bis zur Konrad-Adenauer-Brücke. Warum sollte das nicht im Rahmen eines von der Verwaltung und der Ingolstädter Architektenschaft organisierten Workshops - so wie das früher üblich war (Rathausplatz, Westpark, Bananengrundstück) – als Vorbereitung eines Wettbewerbes diskutiert und erarbeitet werden?
  • Städtebauliche Studien zum gesamten Bereich als „Kulturufer“ mit vielfältigen Nutzungen auf beiden Seiten der Donau. Dazu gibt es eine Ausarbeitung von Klaus Staffel.
  • Dabei auch Überlegungen zur besseren fußläufigen Anbindung der Innenstadt an die Donau, zur Reduzierung des Durchgangsverkehrs, zur Umgestaltung und Nutzung der Schlosslände und der Rossmühlstraße.
  • Wertung der Entwurfsgedanken von Hardt-Waltherr Hämer und der Denkmaleigenschaften des Stadttheaters
  • Respekt vor dem Urheberrecht des Hämerbaus

Fragen zu den Kosten

Wieviel Geld wollen wir wofür ausgeben? In der Öffentlichkeit wurden verschiedene Kosten genannt. Es wurde jedoch nie die Kosten transparent dargestellt. Zugegebenermaßen wurde diese Frage auch gar nicht öffentlich gestellt. Was ist alles in den Kosten enthalten? Welche Maßnahmen, aufgeteilt nach Kostengruppen, sind enthalten? Wie hoch sind die Kosten für die einzelnen Maßnahmen? Auf welchen Annahmen beruhen diese Kosten? Wer hat diese Kosten geschätzt oder berechnet?

Es sind die folgenden Projekte zu belegen:

  • Modernisierung des Hämerbaus
  • Bau der Ersatzspielstätten
  • anteilige Kosten, die durch die temporäre Nutzung des Saales im Kongresszentrum als Ersatz für den Festsaal entstehen
  • Und wenn man schon nach Kosten fragt, sollte nicht versäumt werden, in diesem Zusammenhang auch nach den Kosten, die die IFG für den Bau des Kongreßzentrums, der Tiefgarage zum Kongreßzentrum und zum angeschlossenen Hotel, der Außenanlagen einschließlich der Hotelvorfahrt und der öffentlichen Erschließung zu tragen hat, zu fragen.

Ein völlig anderer Ansatz

Warum machen wir nicht gleich einen mutigen Schritt: Wir bauen ein neues Theater mit allen Räumen und Funktionen an einem neuen Standort. Anschließend erfolgt der Umbau des Hämerbaus als Kongresszentrum. Der Saal im Hämerbau ist genauso groß wie der im neuen Kongresszentrum geplante, aber von bedeutend höherer Qualität, sonstige Räume sind vorhanden oder können umgebaut werden. Und das scheußliche Hotel wären wir auch noch los. Bleibt nur die Frage, ob wir das mit der räumlichen Qualität und der derzeitigen Nutzung des Hämerbaus für vereinbar halten.

Wettbewerb oder Ingolstädter Kommunalbau GmbH

Der städtebaulich anspruchsvolle Standort mit der unvergleichlichen Stadtsilhouette und die Qualität des Stadttheaters von Hardt-Waltherr Hämer verlangen einen offenen, international ausgeschriebenen Wettbewerb. Keinesfalls darf dieses Gelände einem intransparenten Vergabeverfahren und schon gar nicht dem Gestaltungswillen der Ingolstädter Kommunalbau GmbH & Co. KG überlassen werden. Aus der Forderung nach einem Kulturufer ergibt sich, dass dies auch für den Umbau und den Anbau an den Cavalier Dallwigk zu fordern ist.

Bereits jetzt zur Gestaltung des Gebäudes etwas zu sagen („Ich habe verstanden, dass die Architekten sagen, es sollte nichts Spektakuläres, eher etwas Zurückhaltendes sein“) sollten bis zum Wettbewerb unterbleiben: Ist die Beantwortung dieser Fragen und die Findung von Lösungen doch Sinn und Zweck eines Wettbewerbes. Im Vertrauen auf die Kreativität der Architektenschaft würden sonst möglicherweise großartige Vorschläge von vorne herein in Frage gestellt. Also Mut, Freiheit und kooperatives Miteinander zwischen Architekten und den politisch Verantwortlichen, wie dies vor 50 Jahren an genau dieser Stelle schon einmal geschehen ist, sollten eingefordert werden.

Für die politischen Parteien, insbesondere die noch in Opposition befindlichen Parteien sollte die Chance genutzt werden, endlich eine baukulturelle Qualität gegen die von der Mehrheitspartei zu verantwortende Investorenarchitektur zu fordern, um Ingolstadt ein anderes, nicht nur an vermögensmehrenden Interessen gebundenes, sondern an kulturellen und identitätsstiftenden Werten orientiertes Image zu geben.


Joachim H. Hägel, Gabriel M. Hägel, Architekten Ingolstadt, September 2016